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Ursprüngliches Herkunftsgebiet
Zentrum der ersten Inkulturnahme (Domestikation)
Anbauverbreitung der Hirse im Altertum
Rispenhirsekultivierung in Deutschland
Gründe des Anbaurückganges von Hirse


Kulturgeschichte der Hirse

In Märchen, oft in deren älteren, ursprünglichen Versionen, begegnet uns noch ab und an die heimische Kultur der Hirse. Bekannt ist vor allem das Märchen der Gebrüder Grimm vom süßen Brei:

Es war einmal ein armes frommes Mädchen, das lebte mit seiner Mutter allein, und sie hatten nichts mehr zu essen. Da ging das Kind hinaus in den Wald, und begegnete ihm da eine alte Frau, die wußte seinen Jammer schon und schenkte ihm ein Töpfchen, zu dem sollt es sagen 'Töpfchen, koche,' so kochte es guten süßen Hirsenbrei, und wenn es sagte 'Töpfchen, steh,' so hörte es wieder auf zu kochen. Das Mädchen brachte den Topf seiner Mutter heim, und nun waren sie ihrer Armut und ihres Hungers ledig und aßen süßen Brei, sooft sie wollten. Auf eine Zeit war das Mädchen ausgegangen, da sprach die Mutter 'Töpfchen, koche,' da kocht es, und sie ißt sich satt; nun will sie, daß das Töpfchen wieder aufhören soll, aber sie weiß das Wort nicht. Also kocht es fort, und der Brei steigt über den Rand hinaus und kocht immerzu, die Küche und das ganze Haus voll, und das zweite Haus und dann die Straße, als wollts die ganze Welt satt machen, und ist die größte Not, und kein Mensch weiß sich da zu helfen. Endlich, wie nur noch ein einziges Haus übrig ist, da kommt das Kind heim, und spricht nur 'Töpfchen, steh,' da steht es und hört auf zu kochen; und wer wieder in die Stadt wollte, der mußte sich durchessen.

Auch die ursprüngliche Geschichte vom Schlaraffenland von Hans Sachs aus dem 16.Jh. erzählt von einem „Berg mit Hirßbrey“.
Doch was geschah mit der besten Frucht gegen den Hunger? Wieso findet man heutzutage nur noch Hirsekorn aus fernen Ländern und nicht mehr aus einheimischem Anbau?
Aufklärung zur Kulturgeschichte der Rispenhirse geben Ihnen die nächsten Seiten:


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Ursprüngliches Herkunftsgebiet

Bis zum Beginn des 20. Jh. waren das Ursprungsgebiet und die Abstammungsverhältnisse von Rispenhirse wenig geklärt. Aufgrund der erhöhten Empfindsamkeit der Hirsen gegenüber niederen Temperaturen vermuteten einige damalige Forscher, dass die Heimat der Rispenhirse in südlichen Regionen liegen müsste, und es nicht unwahrscheinlich ist, dass dafür Ost-Indien oder nördlich angrenzende Gebiete in Frage kommen könnten.
Der berühmte russische Botaniker Vavilov, entdeckte das wirkliche Ursprungsgebiet von Rispenhirse in den Gebirgsregionen des östlichen Asiens. In Nordost-China (Mandschurei) und vor allem in der Mongolei findet sich ein Maximum an genotypischer Vielfalt, die in Richtung Westen, d.h. nach Zentralasien, Iran, Afghanistan, sowie in den asiatischen und europäischen Teil Rußlands scharf abnimmt.
In Regionen der Mongolei findet man Hirseformen mit charakteristischen Rispentypen, deren reife Äste (mit den Ährchen) leicht abbrechen und sich als Einzelteile auf dem Boden verteilen. Diese Vermehrung mittels Selbstaussaat ist ein typisches Merkmal von Wildgräsern.


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Zentrum der ersten Inkulturnahme (Domestikation)

Als Gebiet mit der nachweislich ältesten Hirsekultivierung gilt heute der steinzeitliche Siedlungsbereich im Norden und Nordosten Chinas, wobei das Gebiet der Mandschurei als Zentrum der primären Domestikation angenommen werden kann. Bei archäologischen Ausgrabungen in Orten der südlichen Mandschurei und im Einzugsgebiet des Gelben Flusses fanden sich Körner von Rispenhirse und Kolbenhirse (Setaria italica), die mit Hilfe der Radiokarbon-Methode auf 7000 – 8000 Jahre v. Chr. datiert wurden. Rispenhirse und Kolbenhirse waren in der frühen Phase der nördlichen chinesischen Zivilisation die alleinigen Nutzgetreidearten, weshalb die in dieser Zeit praktizierte Form der Landwirtschaft auch als Hirsetyp-Landwirtschaft bezeichnet wird. Um 5000 v. Chr. breitete sich die Hirsekultur nach Korea, Japan, in die Mongolei und in den russischen Fernen Osten aus.


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Anbauverbreitung der Hirse im Altertum

Rispenhirse zählt somit zusammen mit Gerste und Weizen zu den ältesten, im Prozess der menschlichen Seßhaftwerdung kultivierten Getreidearten, so dass sie schon in der Epoche des Neolithikums als Resultat von vielfältigen Wanderbewegungen nomadischer und halbnomadischer Völker, in Eurasien eine weite Verbreitung fand.
So sind Funde von Rispenhirsekörnern aus spätneolithischer Zeit in Nordindien, in Südmittelasien im Gebiet des Hindukusch in Pakistan und Afghanistan, sowie im Kaukasus auf dem Gebiet des heutigen Georgien zu verzeichnen. Die Landwirtschaft der indogermanischen Nomadenstämme basierte ausschließlich auf Hirse.
Archäologische Fundstätten von Rispenhirsekörnern aus dem Spätneolithikum in Europa sind im heutigen Bosnien-Herzegowina, in Rumänien, Ungarn, der Ukraine, in Österreich, Italien, in der Schweiz sowie auch in Deutschland (Weißenfels an der Saale) und in Tschechien lokalisiert. Oft fanden sich zusammen mit Gerste und Nacktweizen eine Vielzahl von Hirsekörnerüberresten in den Pfahlbausiedlungen an Seerändern im alpinen Raum (z.B. in der Schweiz am Zürichsee und Wauwilersee, in Oberitalien am Varesesee, in Süddeutschland im Federseemoor und in Österreich am Mondsee). Diese Hirsefunde datieren nach neuesten Untersuchungen auf 4500 – 3000 v. Chr.. Im Alten Ägypten wurde die Art Panicum miliaceum nicht kultiviert.

Im Übergang vom Spätneolithikum zur Bronzezeit ging in Europa ein bedeutender Wandel der Landwirtschaft von der Hackkultur zum Hakenpflug mit Zugtier vonstatten, in dessen Zuge neben Dinkelweizen und Hülsenfrüchten auch die Bedeutung von Rispenhirse stark zunahm. Neue Fundorte auch im Ostseeraum, speziell im Baltikum sowie in Frankreich deuten auch auf eine geografische Ausdehnung des Hirseanbaus.
Ihre anhaltende Bedeutung im alten China wird durch Chroniken des Historikers Szema Tsi`en (um 100 v. Chr.) dargelegt. Demnach sollen in der Periode des Kaisers Shen Nung (2737 – 2705 v. Chr.) Kolben- und Rispenhirse zu den 5 Getreidearten gehört haben, welche zur Zeit der Frühlings- Tagundnachtgleiche im Rahmen großer Festlichkeiten ausgesät wurden.
Untersuchungen über die Shang Yin - Periode (1260 – 1030 v. Chr.) offenbarten, dass Rispenhirse oft Erwähnung in sogenannten Divinationen (göttlich inspirierte Vorhersagen für die nahe Zukunft) für die zu vollziehende Praxis des Ackerbaus fand, und auch als Opfergut verwendet wurde. Aus der Zhanguo - Periode (475 – 221 v. Chr.) wird ein Ertrag von etwa 600 – 700 kg/ha angegeben.
In China wurde Rispenhirsekorn oft für die Herstellung von Alkohol verwendet. Man fand shangzeitliche Brauereien und über das exzessive Trinkverhalten der Shang steht in den Texten der westlichen Zhou (1030 – 771 v. Chr.): „Wir (= die Shang-Elite) versanken in haltloser Trunksucht. Durch das entstandene Chaos verloren wir die tugendhafte Ausstrahlung der Ahnen auf Erden.“!
Über eine weite Verbreitung der Hirse im klassischen Altertum (Eisenzeit) berichten eine Vielzahl von Schriften antiker Historiker, Schriftsteller und Geografen:
Herodot berichtete um 500 v. Chr. über die Skythen, die nördlich des Schwarzen Meeres an Dnepr und Bug siedelten, dass sie Getreide, Zwiebeln, Linsen und Hirse säten.
Im klassischen Griechenland war Hirse bekannt. Rispenhirse wurde „kenchros“, Kolbenhirse „elymos“ genannt. Nach den Schriften von Hesych ist Kolbenhirse im Stadtstaat Sparta (Landschaft Lakonien im SO des Peloponnes) kultiviert worden. Pheophrast berichtete über den Anbau von Rispen- und Kolbenhirse aus dem 3. Jh. v. Chr.; so war der Ertrag dieser Pflanze in Griechenland unbedeutend, so dass sie nur einen zweitrangigen Platz einnahm.
Im alten Testament wird die Kultivierung von Hirse in Babylon unter der Herrschaft Nebukadnezars II. (604 – 561 v. Chr.) erwähnt. In Assur fanden sich Hirsekörner als Grabbeigabe in einem jungassyrischen Terrakottasarkophag
Polybios (200 v. Chr.) berichtete bei der Beschreibung der Felder der eroberten Kelten im gallischen Italien: „ Es ist schwer den Reichtum dieser Erde aufzuzählen. Die Fülle an Getreide (...) Rispen- und Kolbenhirse bringt bei ihnen einen vollkommenen Überfluß und Reichtum hervor“. Strabon (50 v. Chr.) beschreibt die Hirsekultivierung der Iberer und Kelten in Aquitanien (Südwestfrankreich) und der Bretagne. Die keltischen Bewohner an der Küste sollen sich demnach von Hirse, wildem Sammelgemüse und Rüben ernährt haben.
Bekannt war Hirse auch bei den keltisch-illyrischen Völkern, welche das Territorium zwischen Adria, Pannonien und Istrien bewohnten.
Für die Landwirtschaft des alten Rom erwähnt Plinius der Ältere (1. Jh. v. Chr.) oft die Arten Panicum miliaceum und Setaria italica aber auch Sorghumhirse. Die Römer nannten Rispenhirse „milium“ und Kolbenhirse „panicum“, Bezeichnungen die vermutlich mit den Wörtern „molere“= mahlen und „panis“= Brot zusammenhängen. Verzehrt wurde Hirse in Form von Brot oder Breispeisen. Dem altitalienischen Feldgott Pales ist zu seinem Fest Hirsekuchen dargebracht worden. Für beide Arten gibt Plinius die Aussaatzeit, die Aussaatnorm, den Charakter der Pflege, die Reifezeit, Erntemethoden und die Verwendung in der Ernährung an.
Auch in der Eisenzeit erfolgte ein umfangreicher Anbau von Rispenhirse in den weiten Steppen und Waldsteppengebieten Eurasiens. Besonders erwähnenswert sind vielzählige archäologische Funde in altslawischen Siedlungen an den Flüssen Dnepr, Wolga und Oka, sowie auch in den Einzugsgebieten der Flüsse Kuban und Don und dem Gebiet der Ukraine. Hinweise der Hirsekultivierung aus dieser Zeit gibt es auch auf dem Territorium Sibiriens und Zentralasiens (Kasachstan und Afghanistan).
In Deutschland existieren Fundstellen von Hirsekorn zumeist im Osten des Landes, so in Pommern (Pribbernow), in Sachsen (Schlieben) und besonders oft in Brandenburg in der Niederlausitz (Freiwalde), in Potsdam, in Phöben bei Potsdam und im Spreewald (Burg).

Man kann konstatieren, dass zum Ausgang des klassischen Altertums Rispenhirse in Asien und Europa flächendeckend angebaut wurde und in vielen Kulturkreisen gleichrangig mit anderen Getreidearten, in Teilen Asiens oft auch als alleiniges Hauptgetreide die menschliche Ernährung sicherte.
Offensichtlich bedingten dies besondere Pflanzeneigenschaften, wie der unter den Getreidearten größte Koeffizient der Kornvervielfältigung bei Verwendung geringster Saatgutmengen, ein hohes Potential an Produktivität, eine sehr hohe ökologische Plastizität, damit zusammenhängend Trockenheitsresistenz, Salzverträglichkeit und Krankheitsresistenz sowie desweiteren eine einfache Anbautechnik und Technologie zur Herstellung des Hauptproduktes Grütze.


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Rispenhirsekultivierung in Deutschland

Älteste Zeugnisse des Hirseanbaus auf deutschem Gebiet aus der Neuzeit finden sich in Überlieferungen aus der Zeit des Heiligen Römischen Reiches. Es wurde z.B. geschrieben, dass der Hl. Bernhard um das Jahr 1115 mit den Seinen Brot aus Buchenblättern, Gerste, Hirse und Wicken aß.
In der frühabsolutistischen Periode, im 15./16. Jh. zählten Rispen- und Kolbenhirse bei einer noch vorherrschenden, hauptsächlich auf die Selbstversorgung ausgerichteten Hauswirtschafts- landwirtschaft, in weiten Gebieten Deutschlands zu den essentiellen Hauptgetreidearten, und waren ein nicht wegzudenkender, grundlegender Bestandteil der täglichen Ernährung. Ersichtlich wird dies aus vielfältigen Quellen in der in dieser Zeit verbreiteten landwirtschaftlichen Hausväter-Literatur.
Hirsekorn zu Brot oder einem Brei verarbeitet, hatte in damaliger Zeit den Status einer einfachen, stark sättigend wirkenden dennoch lieblichen und schmackhaften Massenspeise. In der Georgica curiosa (1682) wird erwähnt: „ Der geneute Hirspreyn ist ein starkes sattsames Essen / und wiewol er harter Däuung ist / gibt er doch denen arbeitsamen Leuten gute Nahrung / daher er für das Gesind sehr wol und ergäbig zu brauchen / auch für die Tagwercker und Robbather / ist sonst kalt und trockener Eigenschaft / und stopfet den Laib / ist kalt im ersten / und trocken im dritten Grad / doch mit einer subtilen Substanz / Hirsbrey mit Milch oder Fleischbrühe gekocht und wol gesotten / ist fast dienlich den Säugenden / die wässrige Milch haben / es macht die Milch gut und dick“. Auch Christ (1781) erwähnt: „Der Hirsen ist eine gute Frucht, und niemand weiß sie besser zu schätzen und zur Speise zu geniessen, als der Landmann“.
Es scheint, dass Rispenhirsekorn hauptsächlich in ärmeren Bevölkerungsschichten und bei den Bauern Verwendung fand. Dieser Eindruck wird in der „Abhandlung von der Erhaltung des Getreides“ von du Hamel du Monceau in der Übers. von J. D. Titius (1755) bestätigt: „... Die Einwohner in den Städten kennen fast kein anderes als Weizenbrodt, und die Reichen würden viel Leiden wenn sie kein feines Brodt hätten. Es gibt aber ganze Provinzen wo das Brodt nur aus Roggen, Gersten oder Buchweizen gemacht wird. Ja in den schlechten Jahren, müssen sich die Bauern von Haber, Hirsen, Erbsen, Bohnen und anderer der
gleichen Hülsenfrüchte ernähren“. In Georgica curiosa (1682): „Und wiewol der Hirs unter die Bauren-Speisen gezehlt wird / hält man doch den sogenannten Wachtelbrey
nicht minder für ein Herren-Essen / wann er mit abgestossenen Mandeln / süsser Milch und Zucker / gleich einem Reise gekocht / und mit Wachteln belegt.“
In Notzeiten nahm die Bedeutung von Hirseprodukten auch bei der städtischen
Bevölkerung zu. Hirsekorn wurde in Städten in großen Mengen als bevorzugte Notreserve eingelagert und in Hungerzeiten ausgegeben. Die in älterer Literatur für Rispenhirse oft auftretende Bezeichnung „Frucht des armen Mannes“ könnte auch daher stammen, dass nach Ablauf von spätestens 10 Jahren diese Notreserve an die ärmere Stadtbevölkerung als Almosen verteilt wurde.
Rispenhirsekorn gab wie in der Georgica curiosa (1682) erwähnt „... nicht allein für die Menschen / sondern auch für das Vieh eine gute Nahrung ...“. Nach Schindler (1920) waren die entschälten und aufgekochten Körner als Mastfutter für Geflügel, speziell für Poularden und Kapaunen hochgeschätzt. Über die Nutzung von Hirsestroh schreibt Christ (1781): „Das Hirsenstroh ist ein gutes Futter für das Rindvieh. Es muß aber solches sogleich nach dem Dreschen aus der Scheuer genommen und wie das Grummet oder Oehmd vollkommen dürre gemacht und aufbewahret werden.“.

Aus den historischen Anbaubeschreibungen über die Rispenhirse geht hervor, dass sie als sehr anspruchsvolle Frucht angesehen wurde, die einer sehr aufwendigen und arbeitsintensiven Kultivierung bedurfte. Als wichtig wurde die Erstellung eines feinen lockeren Bodens erachtet. In Christ (1781) heißt es: „Das Land muß fein und gut dazu bereitet und geegget werden und darf nicht von anderen Früchten erschöpft sein“. Die Ansprüche an die Bodengüte und die Nährstoffversorgung werden folgend wiedergegeben:
Petrum de Crescentius (1583) schreibt: „ Er [die Hirse] wächst aber auch nicht allein in staubechten / sondern auch im sandigen Grund und Boden / sonderlich was feuchte und nasse Landschaften seien. Er will aber weder in dürre und kreidechte noch mergechte Felder.“ Christ (1797) erwähnt: „ Der Hirsen liebt einen warmen gemischten Boden. (...) In Neubruch geräth er vorzüglich.“. Der Gleiche (1781): „In einem lockeren, fetten und etwas sandigten Boden geräth er vorzüglich, aber in steinigtem und kießigten Boden tut er nicht gut. (...) In das Brachfeld taugt er am besten.“. Bei Fischer (1763) heißt es: „ Dieser [die Hirse] wird, wann
Man Gelegenheit hat mit dem größten Gewinnst am besten in zweiten oder dritten,
auch sonst lange Jahre ruhig gelegenes Land, in gleichen in ausgetrocknete Teiche, Brüche, in Viehtriften und Anger gesäet.

Aller dieser Boden aber muß nur recht durchgepflügt und milde gearbeitet sein, dabei man auch solche
nicht gerne in allzuleimichten, starken oder thonigen Boden säet, weil dieser mehr Mühe locker zu erhalten, erfordert, und wird am liebsten in mürbe, mittel, klare und gute Erde gesäet.“.
Für die Düngung kam in damaliger Zeit „Mist, Schoorerde, Gassenkoth, Teich- oder Grabenschlamm, gebrannter Leim oder Schutt von Häusern und sonst gut gefaulte Erde“ zum Einsatz (Die nach Grundsätzen und Erfahrung abgehandelte Schlesische Landwirtschaft, Erster Teil, Breßlau, 1771).
Die Anbauwürdigkeit und Beliebtheit der Rispenhirse gründete, trotz ihres, im Vergleich zu anderen Getreiden, sehr hohen Kultivierungsaufwandes, auf ihrem außerordentlich hochgeschätzten Potential der Kornvermehrung. Bei Hirse wurde „zuverlässig auf siebzig- bis hundertfältige Frucht gerechnet“ (Fischer, 1763). Um diese hohe Kornvervielfältigung zu gewährleisten, wird über die Jahrhunderte übereinstimmend empfohlen Hirse „dünne zu säen“. Diese Aussaatmethode steigerte den Arbeitsaufwand weiter, da zum guten Gelingen der Kultur eine mehrmalige, manuelle Unkrautentfernung nötig wurde.
Beispielhaft dazu in „Die nach Grundsätzen und Erfahrung abgehandelte Schlesische Landwirtschaft, Erster Teil (Breßlau, 1771): „ Der Hirsen muß allenthalben gerathen. (...) Es gehöret Mühe und Arbeit dazu, welche sich die wenigsten Wirthe dazu nehmen. Besonders muß er sehr rein gegäthen, und der Boden immer aufgelockert werden...“. Christ (1781): „Wann der Hirsen einen halben Fuß hoch ist, muß er durchgejätet und vom Unkraut gereinigt werden, und nach Erfordernis, wenn er einen Fuß hoch ist zum zweitenmal.“

Eine Widerspiegelung dieses hohen Anbauaufwandes oder aber auch eines geringen, die Nachfrage nicht befriedigenden Produktionsumfangs kann in den Getreidepreisen aus dem Jahr 1645 in der Zeit des dreißigjährigen Krieges im Land Meissen gesehen werden. Diese offenbaren, dass Hirsekorn unter den Getreiden mit Abstand am teuersten gehandelt wurde. So kostete nach M. J. Colero (1645) der Scheffel Hirse 42 Groschen, Weizen 26 Groschen, Gerste 24 Groschen, Hafer 12 Groschen, Erbsen 30 Groschen und Wicke 1 Gulden.
Bekannt war, dass „...der Hirß Wärme haben will...“ (Petrum de Crescentius, 1583). So wurde der Saatzeitpunkt zumeist auf Grundlage bestimmter, hinreichende Wärme anzeigender, phänologischer Vegetationsstadien schon exakt festgelegt . Nach Christ (1781), „wenn der Holder [Holunder] blühet“. Dergleiche (1797): „Seine [die Hirse] Saatzeit ist bei der Apfelblüte“. Ausführlich hierzu in „Berliner Beiträge zur Landwirthschaftswissenschaft, Erstes Stück“ (Berlin, 1770): „Die Hirse gehört nebst dem Buchweizen mit zu den Sommerfrüchten, vor welche die trockenen Jahre zuträglicher
als die nassen sind. (...) Nach der Erfahrung will diese Frucht weder zu frühe noch zu späte gesäet sein. Aus der ganz frühe gesäeten wird niemals etwas, und die spät gesäete geräth auch nur selten, wobei man überdem noch wegen ihres Reifwerdens viele Gefahr läuft. Nach der gemeinen Bauerregel, die in diesem Stücke durch die Erfahrung unterstützt wird, soll die Hirse gesäet werden, wenn die Eichen auszuschlagen anfangen. Da nun dieses gemeiniglich in die Mitte des Maimonats zu geschehen pfleget, so kann man auch diese Zeit vor die wahre und beste Saatzeit derselben annehmen“.

Ein während der Reife zunehmender Vogelfraß, leichter Kornausfall, sowie eine uneinheitliche Abreife bestimmten die Durchführung der Ernte. Einen guten Überblick über die damalige Erntesituation in Brandenburg findet sich in der Abhandlung
„Berliner Beyträge zur Landwirthschaftswissenschaft, Bd.7“ (Berlin, 1786):
„Kommt endlich die Zeitigungszeit der Hirse heran, so muß ein Eigenthümer, der nicht an den Körnern einen allzugrossen Verlust leiden will, alle mögliche Vorsicht, um zu dessen Abkolbung die gehörige Zeit abzupassen, anwenden. Die Hirse wird nicht wie anderes Getreide, in der Aehre, oder den Kolben zugleich reif, sondern jeder Kolben hat dreierlei Körner in sich. Die an der Spitze haben gemeiniglich schon ihre vollkommene Reife erlanget, wenn die in der Mitte nur halb reif, und die untersten noch gänzlich unreif und grün sind. Weil die Hirse keine grosse Hülsen, und auch nur ganz schwache Stengel, woran die Körner wachsen, hat, so fällt sie sehr leicht aus. Ein einziger Wind reisset sie in Menge von ihren schwachen Stielen los, und das schlimmste ist, daß dieses allemal die vordersten Körner an der Spitze, welche die besten sind trifft. Auch wird sehr selten ein Stück oder Beet Hirse angetroffen, welches nicht zweiwüchsig wäre, indem, wenn die meisten Körner schon aufgegangen sind, sechs bis acht Tage nachher, aus den Körnern, die etwas zu tief in die Erde gekommen sind, neue Pflanzen hervorschiessen. Sind nun die ersten fast reif, so findet man die letzten noch ganz grün. Ausserdem hat die Hirse die Eigenschaft an sich, daß fast kein einziger Halm zu finden ist, woran man nicht zwei, drei oder vier ja wohl gar sechserlei Rispen und Zweige bemerkte. Einige sind hochgelb, einige blasgelb, andere gelbgrün, und noch andere ganz grün. Wollte man nun auf die völlige Reife der letzten warten, so käme gewiß von den ersten kein Korn in die Scheune, indem dieselben entweder von den Vögeln gefressen, oder nachdem sie überreif geworden, ausgefallen seyn würden. Das Ausschneiden der reifsten Wappen oder Rispen würde zwar hiebei das rathsamste seyn, allein es müsste alsdenn der Hirseacker in lauter kleine Beete verteilet seyn, damit die Schneider nicht das Beete selber betreten dürfen, sondern die reife Hirse aus den auf beiden Seiten des Beets gezogene Furchen überlanget werden könnte. Ist aber das Hirsefeld hierzu nicht eingerichtet, so ist einleuchtend, daß durch das Ausschneiden der zuerst reif gewordenen Hirse mehr Schaden, als Vortheil, gestiftet werden würde.
In diesem letztern Fall fähret man daher am sichersten, daß man, wenn die Hirse ihre Reife erlanget hat, und zwar in der Art, daß, (wenn man alle Halme, Stauden oder Rispen in 5 Sorten der Reife theilt) zwei Theile völlig reif, und zwei Theile gelbgrün sind, der fünfte aber noch ganz grün aussiehet, gleichwohl die Stengel eine Hand breit über der Erde welk und gelb werden, alsdenn ohne Anstand die Hirse abschneiden, und sogleich auf die Tenne fahren lasse.(....) An einigen Orten, als z. B. in Schlesien, schneidet man die Hirse, wie das Getreide, nebst dem Stroh ab, bindet sie in ordentliche Gebunde, und sie wird alsdenn nach der Scheune zum Ausdrusch gefahren. In einigen Gegenden, welches ich besonders in der Niederlausitz und dem Cottbusischen Weichbilde wahrgenommen habe, wird die Hirse ordentlich aufs Schwad gemädet, in welchem sie, um so wohl im Stroh als Körner besser abtrocknen können, einige Tage liegen bleibt, und alsdenn erst in die Scheune kommt.
Schon nach der Vernunft ist es begreiflich, daß bei diesen beiden Einerndtungsmethoden der Hirsen die besten und reifsten Körner verlohren gehen, und auf dem Felde zurück bleiben müssen (...) Mit gutem Gewissen können daher diese Abbringungsarten niemandem anempfohlen werden.
In anderen Gegenden, besonders in den Brandenburgischen Marken und Pommern, wird hierunter schon mehrere Vorsicht beobachtet, und alles mögliche, um den Verlust an Körnern zu vermeiden angewandt. Man kolbet daselbst blos die Hirse ab, d. i. man schneidet die Kolben derselben mit einer scharfen Sichel ab. Die Schneider sind mit einer Schürze versehen, worinn sie die abgeschnittenen Kolben oder Wappen aufbewahren, nachher aber, wenn die Schürzen dann voll geworden sind, in bei sich habende Säcke stecken. (...) Von selbst ist völlig einleuchtend, daß bei einer solchen Verfahrungsart weit weniger Körner, als bei den beiden vorhin erwähnten, verloren gehen können.“
Zur weiteren Verarbeitung und Einlagerung heißt es in der Georgica curiosa (1682): „Man kann ihn in der Mühl / auf dem Stampff / oder daheim / wann er vor im Ofen gedörrt ist / ausstossen / doch muß man nicht zu wenig in den Stampff thun / sonst zerstösst er sich. (...) Der gestampffte Hirs bleibt nicht sogern oder solang / als wann man ihn in seinen Hülsen lässet / darum soll ihn ein Hausvatter aufeinmal nicht mehr stampffen lassen / als er ohngefehr auf ein halbes Jahr / für sein Haus genug hat / denn wird er länger behalten verliert er seine Güte.“

In der Zeit des 17. und 18. Jh. setzte ein Prozess ein, der einen Rückgang des Anbauumfanges von Hirse zur Folge hatte. Mit der Einführung neuer Feldfrüchte, wie der Kartoffel und dem Mais, sowie einer zunehmenden Durchsetzung des Marktprinzips tritt ihre Bedeutung hinter der von Weizen und Roggen zurück. Diese Entwicklung beschleunigte sich im Verlaufe des 18. Jh. und Hirse bekam den Status eines eher zweitrangigen Getreides. In „ Berliner Beyträge zur Landwirthschaftswissenschaft, Erstes Stück“ (Berlin, 1770) heißt es: „Die Hirse wird zwar gewöhnlicher Weise nicht zu den gemeinen Getreidearten gezählt, sondern man siehet sie in den meisten Wirthschaften nur als eine Breifrucht an, wovon man blos soviel als zur Haushaltung nothdürftig gebrauchet wird, zu erbauen suchet.“.
Als weiterhin bestehende Anbaugebiete werden Niederbayern, Sachsen, Schlesien, Pommern, Posen, Brandenburg und hier vor allem die Region um Frankfurt /Oder und die Lausitz erwähnt (Schindler, 1920; Becker-Dillingen, 1927).
Mit der Ausrichtung der Bauernwirtschaften auf eine Marktproduktion unter Berücksichtigung des zu erlangenden Produktpreises für Hirse, überstieg der Aufwand meist den Nutzen ihrer Kultivierung. So schreibt Engel in „Oekonomische und statistische Reisen durch Chursachsen und dessen angrenzende Länder“ (Leipzig, 1803) über die Gegend von Hoyerswerda: „Diese Frucht [die Hirse] wenn sie geräth, ist eine der einträglichsten, aber sie erfordert erstaunliche Arbeit, und der Preis ist selten höher als vom Korne [Roggen], daher er nicht mehr in so außerordentlichen Mengen erbauet wird, als sonst geschehen ist. (...) Es wird dieser Frucht mit gutem Recht zweierlei vorgeworfen: erstlich das sie gejätet werden muß (...) Der zweite Einwurf, den man gegen den Hirseanbau macht, ist, daß er selten gut geräth.“

Bei einer auch weiterhin bestehenden Nachfrage kam es aber nachweislich in Brandenburg unter dem Gesichtspunkt einer wirtschaftlichen Kultivierung zu einer Konzentration des Hirseanbaues auf bestimmte Landschaften. Es heißt in „ Berliner Beyträge zur Landwirthschaftswissenschaft, Erstes Stück“ (Berlin, 1770): „Der eigentliche Anbau der Hirse im Großen hat nicht anders, als in einem leichten sandigen dabei aber wohl bedüngten Boden statt. Diese Frucht liebet nicht allein dergleichen leichten und sandigen Boden vorzüglich, sondern es fällt auch dabei die vorhin bemerkte kostbare und fast unerträgliche Unbequemlichkeit des Unkrautjätens weg. Jedoch muß der Sand , in welchem sie erzeuget werden soll, kein hitziger und brennender , sondern kühler und feuchter Sand sein.“ So konzentrierte sich der Hirseanbau in Brandenburg hauptsächlich in den Brüchen und Flußniederungen der Warthe, Oder und Netze (ebd.), sowie auch in der Niederlausitz , in der, wie es in der Abhandlung „Ökonomische und statistische Reisen durch Chursachsen und dessen angrenzende Länder“ von Engel (1803) heißt, „...das Hauptkennzeichen eines vollkommenen Landwirthes der Anbau von weißem Mohn, Bohnen und Hirse“ ist. Hier schien ein weiterer Anbauaspekt hinzuzukommen, denn Engel schreibt weiter: „ Er machte mir die Berechnung , und sagte, daß bei diesen Produkten nicht der Vortheil sei, den man glaube, wenn man diese gegen den Getreidebau mit den Kosten berechnete, indem der Hirse ein weniges mehr als Korn gelte. Der Boden an der Spree sey ein äußerst fetter, schwarzer Sand, der starke Düngung nicht vertrage, sondern gleich Lager-Getreide liefere, daher man sehr vorsichtig damit umgehen müsse.“ Es offenbart sich offensichtlich eine Verdrängung der Hirse auf Böden, die für andere Getreide Ungunststandorte darstellten. Förderlich für einen Anbau in Feuchtgebieten war auch die damalige botanische Klassifizierung der Rispenhirse. Hierzu wird in „Berliner Beyträgen zur Landwirthschaftswisenschaft, Bd. 7 (Berlin, 1786) erwähnt: „Schon die äussere Bildung ihrer Stengel und Blätter lassen eine grosse Ähnlichkeit mit dem Schilfrohr bemerken. Da nun dieses bekanntermassen in einem niedrigen und feuchten Boden am besten wächst, so kann man nach der Analogie der Pflanzen, auch ein gleiches von der Hirse vermuten.“
In genannten Gebieten wurde Hirse „in solcher Menge und Überfluß erbauet, dass das ganze übrige Land damit versorgt werden kann.“ (ebd.).

Nach tiefem Wiesenumbruch, „ Ragolen“, zur Minimierung des Unkrautdrucks, wurde Hirse zum Teil 2 – 3 Jahre nacheinander angebaut, wobei sie auf großen Gütern Flächen von 60 – 70 Morgen einnahm (ebd.).

Weitere verbliebene Anbaugebiete waren auch höher gelegene ärmere Sandstandorte, auf denen besonders in Schlesien nahezu ausschließlich Hirse in Kultur genommen wurde. Auf extremen Magerflächen wie Heidestandorten kam als Alternativpflanze nur Buchweizen zum Einsatz (Die nach Grundsätzen und Erfahrung abgehandelte Schlesische Landwirthschaft, Erster Teil, Breßlau, 1771).
Ab den Jahren 1850 – 1860 nahm der Hirseanbau stark ab. Nach Angaben statistischer Erhebungen von 1913 für das Deutsche Reich war zu Beginn des 20. Jh. die Rispenhirsekultur nahezu vollständig verschwunden (Engelbrecht, 1928). Eine erfassbare Kultur hielt sich in Niederbayern und Sachsen sowie in den schon genannten slawisch geprägten Regionen Pommern, Posen, Schlesien und Brandenburg, hier vor allem in der Niederlausitz. Generell hat die Rispenhirse in dem Gebiet der Lausitz damals noch eine weite Verbreitung besessen. Barber (1901) schreibt in seiner Flora der Oberlausitz: „… wird bei uns in den sandigen Heidegegenden um Ruhland, Hoyerswerda, Lohsa, Uhyst, Niesky, Rothenburg, Kohlfurt, Rauscha etc. häufig gebaut …“ und Rakete (1917) vermerkt: „Dagegen ist der Anbau in den Heidegegenden noch so häufig (…), dass wir noch nicht notwendig haben, Notizen zu sammeln, um sie der Vergessenheit zu entreißen.“ Hirse stellte in der Lausitz bei der überwiegend slawischen Bevölkerung (Wenden, Sorben) eine Art Nationalgericht dar, und wurde insbesondere bei Hochzeiten und Kindtaufen in Form einer schmackhaften süßen Speise gereicht (Junge, 1917).

Anfang des 20. Jh. bestanden vereinzelte Züchtungsanstrengungen moderne ertragreichere Kultursorten der Rispenhirse zu entwickeln, z. B. „Kameke`s Rispenhirse“ und „Junge`s Rispenhirse“ (ebd.). Letzte Versuche für ihre Verbreitung als Alternativpflanze auf leichten Böden wurden in den Notzeiten des 1. und 2. Weltkrieges unternommen (Tiemann, 1941).


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Gründe des Anbaurückganges von Hirse

Das starke Zurücktreten der Hirse in den letzten 200 – 300 Jahren war nicht nur auf Deutschland beschränkt, sondern vollzog sich im gesamten Europa und beruhte auf Veränderungen im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben sowie auf der Einführung neuer landwirtschaftlicher Kulturarten.
Mit dem Übergang von der Subsistenz-Hauswirtschaft zu einer ökonomischen, markt- orientierten Wirtschaftsweise verlor Hirse als eine arbeitsintensive Hackfrucht ihre Konkurrenzkraft zu anderen, hinsichtlich einer rationelleren Bewirtschaftungsweise, einfacher zu kultivierenden Getreidearten. Diese Entwicklung beschleunigte sich mit der Einführung einer mechanisierten Fruchtwechsel- landwirtschaft. Mit der aufkommenden Sitte Brot zu verschiedenen Tageszeiten zu sich zu nehmen, verlor Hirse ebenfalls ihre Stellung und Funktion als Brotfrucht an Weizen und Roggen, die zur Brotherstellung besser geeignet waren. In „Beiträge zur Aufnahme der Landwirtschaft in Schwedisch-Pommmern“ (Rostock und Leipzig, 1803) schreibt E. C. von Buggenhagen: „Die Weitzenpreise sind jedoch zuweilen gegen die übrigen Getreidepreise so überwiegend, daß es die Besitzer leichter Felder in die Versuchung bringt auch mit dieser Getreideart Proben zu machen, wobei es jedoch hauptsächlich von der Witterung abhängt, ob selbige in etwas glücken werden....“.
Intensiv und am Nachhaltigsten verdrängte der sich vorallem in Nord- und Mitteleuropa ausbreitende Kartoffelanbau die Hirse in ihrer Funktion als Breifrucht und Nahrungsmittel weiter Teile der Bevölkerung. Die agronomischen Eigenschaften der Kartoffel, wie einfacher Anbau, gute Verträglichkeit leichter Sandstandorte, vielfältige Vermehrung bei geringstem Saatgutbedarf und sicherer Ertrag, sowie auch ihre kulinarische Eigenschaft der umfassenden Sättigung, standen in direkter Konkurrenz zur Hirse, mit dem Vorteil eines höheren Ertragspotentials und einer weniger aufwendigen Anbautechnik. Hierzu aus oben genannter Abhandlung: „Es sind nun noch diejenigen Gewächse nachzuholen, zu deren Kultur auch die Hacke erfordert wird, und unter diesen steht billig die Kartoffel obenan. Kein Gewächs, wie dieses, hat sich in einem so kurzen Zeitraum so allgemein nutzbar und so unentbehrlich gemacht, daß es jetzt problematisch ist, wie die Menschen sich vor Entdeckung dieser Pflanze haben ernähren können. Dabei hat diese Pflanze die vortrefffliche Eigenschaft, fast auf jedem Boden der leichten Felder, der keiner Überschwemmung ausgesetzt ist, einen reichlichen Ertrag zu geben."“.
Im südlichen Europa in Gebieten mit verbreiteter Breinahrung verdrängte der Mais, ebenfalls begründet durch höhere Erträge, die Hirse als Hauptfrucht. Ein anderer Aspekt muß in der sich entwickelnden Zweitnutzung für Futterzwecke gesehen werden.
Der Verdrängungsprozess bzw. die Substitution von Rispenhirseflächen in Südosteuropa
(Balkan, Ukraine) und in weiten Gebieten Asiens (China, Russland, Zentralasien) vor allem durch die Mais- und Weizenkultur vollzog sich, bedingt durch eine Intensivierung des Feldbaus und dem Anwachsen zivilisatorischer Ansprüche, noch bis in die Mitte des 20. Jh. und darüber hinaus.

 

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